4 Spiele, 25 Stunden Busfahrt und 1 Länderpunkt
Die Schwedenreise hatten wir eigentlich schon für den Sommer 2023 geplant, doch damals waren die Flug- und Hotelpreise für die ausgewählten Spiele und Daten einfach zu hoch. Die Idee mit der Busreise wurde schnell verworfen und für „zu verrückt“ erklärt. Nun, zehn Monate später standen wir vor dem gleichen Problem: Die Spiele waren spannend, aber die Reise- und Unterkunftskosten abschreckend. Also doch der Flixbus? Ja, das war schließlich die Lösung. Kurzentschlossen entdeckten wir, dass am Samstag bereits ein Spiel in Göteborg stattfand und man von dort abends bequem mit dem Zug nach Stockholm fahren konnte. Also buchten wir den Flixbus.
Freitag, 18:00 Uhr Abfahrt vom Hamburg ZOB, Samstag, 05:05 Uhr Ankunft am Göteborg ZOB – entspannte elf Stunden Fahrt, immerhin über Nacht, sodass man wenigstens etwas schlafen kann. Die Rückenschmerzen waren vorprogrammiert, aber bekanntlich tut Hoppen eben weh. Der Sonnenuntergang auf der Fähre von Puttgarden nach Rødbyhavn entschädigte dafür umso mehr.
Geschlafen wurde insgesamt nicht viel, doch die Stimmung war bei Ankunft in Göteborg trotzdem gut. Schließlich sollte der Länderpunkt Schweden fallen, und wir hatten uns für den Vormittag ein schönes Programm vorgenommen: Schwimmen. Was sollte man an einem Samstagmorgen um 7:00 Uhr sonst tun? Ohne Zeitdruck ging es zur Schwimmhalle, auf dem Weg passierten wir die beiden großen Stadien „Ullevi“ und „Gamla Ullevi“. Wir checkten nochmal, ob wir nicht doch noch ein Spiel in der Nähe mitnehmen könnten. Es war erst 6:00 Uhr morgens, das Hauptspiel begann um 15:00 Uhr, und unser Zug fuhr erst um 18:30 Uhr – Zeit war also kein Problem.
Tatsächlich fand um 12:15 Uhr etwa 30 Minuten außerhalb im Ort Mölndal ein Spiel der Division 4 Göteborg B statt. Dort wollten wir nach dem Schwimmen hin. Im Schwimmbad trafen wir sogar einen Hopper vom HSV – natürlich, wo sonst? Sachen in das Schließfach, Ticket für die Bahn gezogen und 10 Minuten mit der Regionalbahn gefahren. Die anschließenden 30 Minuten Fußweg bewältigten wir unter der knallenden Sonne, die mir im Laufe des Tages noch zum Verhängnis werden sollte.
Zunächst sorgte die Tatsache für Bauchschmerzen, dass der Ground nicht wie bei Furbology lokalisiert dort war – stattdessen fanden wir nur ein Leichtathletik-Stadion. Also liefen wir erst einmal um die Anlage herum und entdeckten per Maps einen anderen Komplex etwa einen Kilometer entfernt. Dort stand tatsächlich der gesuchte Ground. Wir waren erleichtert, dass das Spiel tatsächlich stattfand und wir den Weg nicht umsonst gemacht hatten.
Fässberger IF – Hällesåker IF 0:1 – Åbyvallen (Mölndal) – Ca. 300 Zuschauende |
Schon beim Einlass gab es die ersten Schwierigkeiten. Dabei hatten wir extra und ausnahmsweise Bargeld abgehoben, in der Annahme, dass keine Kartenzahlung akzeptiert wird. Tja, falsch gedacht. Per QR-Code lässt sich online bezahlen – allerdings nur mit einem schwedischen Bankkonto. Das hatten wir natürlich nicht griffbereit. Nach etwas Gespräch über Wechselgeld, erfuhren die Verantwortlichen, dass wir „extra“ aus Deutschland für das Spiel angereist waren. Kurzzeitig stand sogar freier Eintritt im Raum. Doch dann fand eine Dame doch Wechselgeld, und die 50 schwedischen Kronen (ca. 4,40 €) wurden gezahlt.
Das Spiel selbst war – nun ja. Die zunehmende Müdigkeit und Erschöpfung sowie der miserable Spielverlauf ließen mich in der ersten Halbzeit immer wieder mit den Augen schließen. Nur der Elfmeterpfiff konnte meine Aufmerksamkeit wecken. Immerhin wäre es mein 71. Spiel am Stück ohne 0:0, und der Elfmeter sollte doch reingehen, oder? Falsch gedacht – Latte! Chancen waren durchaus vorhanden, und das Spiel hätte locker 5:2 ausgehen können. Das 0:1 für die Gäste fiel relativ überraschend. Den Hopper freute es: Kein 0:0.
Ein kleiner Hingucker war definitiv die kleine Fangruppe. 10 bis 15 Kinder im Alter von 10 bis 15 Jahren versammelten sich mittig hinter der Zaunfahne mit Trommel, Megafon und Fahnen. Zur zweiten Halbzeit gab es sogar ein kleines Konfetti-Intro. Dafür ziehe ich meinen imaginären Hut! Leider machten sich Müdigkeit und Erschöpfung immer stärker bemerkbar, sodass wir verpassten, die Rückfahrt nach Göteborg rechtzeitig zu organisieren. Zwischen Abpfiff und Anpfiff hatten wir nur etwa eine Stunde Zeit. Den Bus verpassten wir natürlich um wenige Augenblicke.
Die Alternativen? Zu Fuß zum Bahnhof wäre zeitlich kaum möglich gewesen, und ein E-Bike hätte keine Garantie geboten, dass wir es am Stadion abstellen können. Also blieb nur Uber oder Bolt – Preise ab 25 € pro Person. Das war erstmal ein kleiner Schock. Nach 4-5 Minuten Warten wurde ein Bolt-Fahrzeug für 300 SEK (26 €) verfügbar, das wir ohne Zögern buchten. Rund 20 Minuten später – und damit gut 20 Minuten vor Anpfiff – waren wir schließlich am Stadion in Göteborg angekommen.
IFK Göteborg – IF Elfsborg 1:0 – Gamla Ullevi – 17.183 Zuschauende |
Wir gingen ohne große Erwartungen in das Spiel. Laut Futbology handelte es sich um das Västderbyt – eher eine Rivalität als ein echtes Derby. Die beiden Städte liegen etwa 45 Kilometer auseinander, doch von Feindseligkeit war kaum etwas zu spüren. Die Gästefans von Elfsborg präsentierten zu Beginn eine schlichte Papp-Choreografie in Schwarz-Weiß-Gelb. Auf Seiten Göteborgs waren verschiedene Spruchbänder zu sehen. Diese richteten sich an den Spieler Sebastian Eriksson, der nach 368 Spielen in über 14 Saisons seine Karriere beenden wird.
„Wille und Leidenschaft wie kein anderer – jedes Mal ein Vorbild, wenn du das blau-weiße Trikot getragen hast – Sebban – für immer einer von uns.“
Das Spiel selbst war unterhaltsam: viele Chancen, hektische Szenen und vor allem eins – viel Sonne. Die Hitze machte mir schnell zu schaffen, und ich merkte sofort, dass ich mir eine ordentliche Sonnenbrand geholt hatte. Auf der Heimseite flammten immer wieder einzelne Fackeln auf. Ein gemeinsames, zeitgleiches Abbrennen hätte ich persönlich schöner gefunden, aber meckern wollen wir nicht.
Im Block der Göteborger wurde passend zur 30. Minute der 30. Geburtstag der befreundeten Ultras Nürnberg mit einem Banner und entsprechenden Rauchtöpfen gefeiert. In der Halbzeitpause musste ich dringend etwas trinken und mich im schattigen Innenraum ausruhen. Als ich von meinem Reisepartner hörte, dass im Block eine Dame umgekippt war, wurde mir buchstäblich zu heiß. Deshalb entschied ich mich, die zweite Halbzeit bei einem kühlen Getränk im Innenraum zu verfolgen. Dort war es deutlich angenehmer, doch das Spiel habe ich natürlich keine Sekunde aus den Augen verloren.
Unübersehbar war die eindrucksvolle Raucheinlage der Gästefans zu Beginn der zweiten Halbzeit: Eine regelrechte gelbe Wand rollte auf uns zu – ein beeindruckender Anblick! Im Zusammenspiel mit den einzelnen Fackeln aus der ersten Halbzeit wäre jedoch auch hier mehr drin gewesen. Auch im Unterrang der Heimseite brannte es in der zweiten Halbzeit stellenweise. Am Ende war es ein schönes Spiel mit guter Stimmung auf den Rängen, wobei Göteborg in allen Belangen klar überlegen war.
Nach dem Spiel ging es weiter nach Stockholm und damit endlich in unsere Unterkunft. Insgesamt hatten wir rund 22.000 Schritte zurückgelegt. Erschöpft checkten wir ein. Die Beschreibung der Unterkunft hatten wir nur noch grob im Kopf: ein Zweibettzimmer ohne Fenster mit Gemeinschaftsbad und Dusche. Für 30 Euro pro Person kann man nicht meckern, und für eine Nacht sollte es ausreichen, oder?
Der „Schock“ kam beim Betreten des Zimmers: Es wirkte wie ein Gefängnis in einem Museum – so hatten wir das nicht erwartet und so etwas bisher noch nie gesehen. Geschlafen haben wir gut, doch das lag sicher eher an der Erschöpfung als am Komfort des Etagenbettes.
Am nächsten Tag war es endlich soweit: Das Spiel, wegen dem wir eigentlich nach Stockholm gereist waren, stand an.
Djugårdens IF – Hammarby IF 0:3 – Tele2 Arena – 27.344 Zuschauende |
Die Erwartungen waren hoch – vielleicht sogar zu hoch. Zunächst ging es zu Fuß etwa 55 Minuten zum Busbahnhof, wo wir für stolze 30 € unsere Sachen sicher einschließen konnten. Danach fuhren wir entspannt mit der Metro zum Stadion. Auch hier brannte die Sonne unbarmherzig in der Mittagshitze. Dank der Stadionkonstruktion ist ein Schattenplatz im Oberrang fast garantiert. Der Einlass verlief unkompliziert und zügig. Beim Betreten der Treppen stießen wir direkt auf den Djurgårdens-Mob, der bereits bestens motiviert war.
Mein persönliches Highlight folgte sogleich: Die Softdrinks konnte man an Automaten, ähnlich wie im Kino, während des Spiels unbegrenzt für einmalig 4,30 € auffüllen – einfach genial! Beim Betreten des Blocks sahen wir sofort, was wir erwartet und gehofft hatten: beeindruckende Choreografien auf beiden Tribünen.
Die Heimseite zeigte eine Darstellung von drei Personen am Netz, begleitet von Sprüchen, die ausdrückten, dass Djurgårdens schnellen und starken Fußball spielt. Auf dem unteren Banner stand in etwa: „Kampfgeist und Eleganz – die Eisenöfen laden zum Tanzen ein!“ Passend dazu wurde Rauch eingesetzt, was ein stimmiges Gesamtbild erzeugte.
Auf der Gästetribüne war eine Szene mit einem Hammarby- und einem Djurgårdens-Spieler zu sehen, wobei der Djurgårdens-Spieler am Boden lag und vom Hammarby-Spieler gedemütigt wurde. Dazu lief der Spruch „Dom Blårandiga! Ora åt helvete.“ (Diese blauen Streifen fahren zur Hölle), begleitet von grün-weißen Fähnchen. Beide Kurven präsentierten ein grandioses Gesamtbild, wobei mein persönlicher Favorit eher Djurgårdens war – aber das ist natürlich Geschmackssache.
Auf dem Spielfeld war das Ergebnis hingegen klar: Hammarby ließ der Heimseite kaum Chancen. Djurgårdens erspielte sich ein bis zwei hundertprozentige Möglichkeiten, konnte diese aber nicht nutzen. Am Ende war das Spiel durch immer wiederkehrende, durchschaubare Spielzüge geprägt. Hammarby spielte eiskalt und führte verdient mit 0:3. Das spiegelte sich auch auf den Tribünen wider: Die Heimseite wirkte enttäuscht und schwach, während die Gästefans brachial, laut, melodisch und mitreißend waren – ein wahrer Genuss für Außenstehende, der Lust auf mehr machte. Auf beiden Seiten gab es zudem einige vereinzelte Fackeln.
Nach Abpfiff und der gebührenden Feier des mehr als verdienten Derbysiegs hatten die Hammarby-Fans noch eine Überraschung vorbereitet: An einem Netz wurde eine Figur in Hammarby-Klamotten hochgezogen, die den Mittelfinger in Richtung der Heimfans zeigte. Einfach, aber äußerst effektiv. Umrahmt wurde das Ganze von etwa 50 bis 60 Fackeln – ein beeindruckendes Gesamtbild. Am Ende gewann Hammarby das Derby auf allen Ebenen haushoch und verdient. Das spiegelte sich auch auf der Heimseite wider: Mit Abpfiff waren alle Zaunfahnen eingepackt, und keine fünf Minuten später war der Block leer.
Handelskamraternas IS – Värmdö IF 0:7 – Zinkensdamm IP – ca. 50 Zuschauende |
Nachdem wir die Tele2 Arena verlassen hatten, ging es direkt weiter zum vierten und letzten Spiel dieser Reise. Um 17:00 Uhr stand noch eine Partie der Division 4 Stockholm Mellersta auf dem Programm. Geschenkt. Der Ground sah ebenfalls sehr ansprechend aus. Der Eintritt war frei. Von den etwa 50 Zuschauern hatten sich am Ende 24 eingecheckt – natürlich alles deutsche Hopperschweine. Zum Spiel selbst gibt es wenig zu sagen. Von einem Klassenunterschied zu sprechen, wäre eine Untertreibung. Den Hopper freut’s. Mit insgesamt 7 Toren wurde am Ende sogar der zufriedenstellende Schnitt von drei Toren pro Spiel erreicht. Über die anschließende Rückfahrt gibt es ebenfalls nicht viel zu berichten – erstaunlich viel Schlaf wurde nachgeholt. So kamen wir Montagnachmittag nach zwei Tagen in Schweden, vier neuen Grounds, einem neuen Länderpunkt und insgesamt 25 Stunden im Bus wieder wohlbehalten in der Heimat an. Für mich zwar nur für drei Tage, denn schon am Donnerstagabend geht es weiter in Richtung Slowenien.
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