Vorwort: Dieser Bericht ist von meinem Reisebegleiter geschrieben und wurde ebenfalls über Inflationshopper.net veröffentlicht.
24h-Aufenthalt in der Schweiz und Liechtenstein (Teil 1)
Grasshopper Club Zürich 1:1 FC Zürich – Samstag, 20:30, 1.10.2022 – Stadion Letzigrund – 16.974 Zuschauer |
Der Länderpunkt Schweiz sollte für mich endlich fallen, nachdem er einige Monate zuvor noch an eigener Unachtsamkeit scheiterte. Einen Ausweis für eine Flugreise? Braucht man doch nicht! Die Freude war dementsprechend groß, denn mit dem Schweizer Derby hatte ich ein sehr bedeutendes Spiel erwischt. Mit 16.000 Zuschauern war das Stadion gut gefüllt – mehr kommen zum Derby leider selten, aber bei mindestens drei Derbys pro Jahr ist das auch kaum verwunderlich.
Die Anreise am frühen Morgen verlief entspannt, ein 70-minütiger Flug ist ja wirklich gut zu ertragen. Am Baseler Hauptbahnhof gönnte ich mir für viel Geld ein paar Backwaren. Auf der Treppe flog mir dann plötzlich eine Glasflasche vor die Füße – mit schnellem Reflex fing ich sie und übergab sie heil dem Besitzer. Vielleicht hätte ich doch Torwart statt Kreisliga-Abwehrspieler werden sollen.
Mit dem Zug ging es weiter nach Zürich und von dort zu Fuß ins Hotel. Mein Reisepartner N wartete dort schon einige Stunden und durfte erst wenige Minuten vor mir einchecken – welch ein perfektes Timing! Abends ging es schließlich ins Letzigrund-Stadion. Das Hotel hatte ich weise gewählt, es lag direkt gegenüber. Von außen wirkt das Stadion etwas eigenartig, doch innen gefiel es mir sehr gut. Die Stimmung ist trotz des offenen Stadions außergewöhnlich, das Holzdach scheint die Akustik deutlich zu verbessern.
Auf Rat eines Kollegen hatten wir U26-Tickets im GCZ-Sitzblock gekauft. Am Eingang folgte der erste Schock: Die Ultras waren zwar schon im Stadion – das Tor war erst 30 Minuten vor Spielbeginn geöffnet – aber unsere Tickets funktionierten nicht. Wir waren nicht die Einzigen, einige hatten Scanner-Probleme. Ein mulmiges Gefühl, wenn einer nach dem anderen in Schwarz gekleidet an dir vorbeigeht. Nach etwa zehn Minuten und vielen Versuchen klappte der Einlass dann doch, trotz gelbem Licht am Scanner. Kurioserweise gab es keine Sicherheitskontrolle – gar keine! Im Derby. In der Schweiz. Kaum vorstellbar.
Wir saßen im GCZ-Sitzblock mit perfektem Blick auf beide Kurven. Die FCZ-Kurve war sehr gut gefüllt, fast komplett besetzt, während die GCZ-Kurve einige größere Lücken aufwies. Kein Wunder, der FCZ ist der klare dominante Verein der Stadt. Dennoch lieferten beide Kurven ab. Choreografien gab es kaum, was beim Zürcher Derby selten vorkommt. Der FCZ zeigte ein großes Spruchband, die Grasshoppers ihr Wappen, umrahmt von blau-weißen Luftballons. Pyroeinlagen gab es beidseitig als Intro zum Spiel.
Zum Spiel selbst schweige ich lieber – das Niveau war unterirdisch und dem Anlass nicht würdig. Immerhin war der Ausgleich zum 1:1-Endstand sehenswert, ein ansatzloser Schuss aus der Distanz. Positiv war, dass die Fackeln jederzeit bereitstanden. Der GCZ erzielte früh ein Tor, und innerhalb von zwei Sekunden leuchteten sicher 10 bis 12 Fackeln auf – auch wenn das Tor nicht zählte, zeigte es, dass es nie an Nachschub mangelte. Gesanglich setzt der FCZ auf sehr melodische, lange Texte, was mir sehr gut gefiel – vermutlich südamerikanisch inspiriert. Der GCZ war eher dem deutschen Stil ähnlich und konnte ebenfalls überzeugen.
Letztendlich bekamen wir genau das, was wir erwartet hatten: ein sehr nettes, einzigartiges Stadion, drei bis vier große Pyroeinlagen auf beiden Seiten, eine kleine Silvestershow des FCZ am Himmel und immer wieder einzelne Lichter. Die Stimmung war jederzeit gut, auch wenn der gegenseitige Hass nicht allzu stark spürbar war.